Design Tip

5 Wege zu einer besseren Formbarkeit von Teilen mit Formschräge

Denken Sie bei Spritzgussteilen frühzeitig an ausreichende Formschräge, um bei der Produktion Zeit und Geld zu sparen

 

Bei der Entwicklung von Kunststoffteilen ist die Anwendung von Formschräge (d. h. einer Verjüngung) an den Flächen des Teils für die Verbesserung der Formbarkeit Ihres Teils von entscheidender Bedeutung. Ohne Formschräge besteht bei Spritzgussteilen mit hohem ästhetischem Anspruch das Risiko einer schlechten Oberflächenqualität sowie die Gefahr von Verzug, Brüchen oder Verformungen aufgrund der bei Abkühlen des Kunststoffs entstehenden Spannungen. Ebenso wichtig ist die Tatsache, dass ein Fehlen von Formschräge das Auswerfen der Teile aus der Form verhindern kann, wodurch nicht nur die Teile, sondern möglicherweise auch die Form selbst beschädigt werden können – ein teurer und zeitaufwändiger Umweg.

Nachfolgend finden Sie 5 Möglichkeiten, die Formbarkeit Ihrer Teile zu verbessern.

Drafted and undrafted cubes
Würfel ohne (links) und mit Formschrägen (rechts).
1. FRÜHZEITIG FORMSCHRÄGE EINPLANEN

Das Vernachlässigen der Formschräge in der Frühphase des Designprozesses ist ein häufiger Fehler, wenn Prototypen mittels 3D-Druck- und CNC-Bearbeitungsverfahren, bei denen keine Formschräge notwendig ist, hergestellt werden. Aufgrund der Schichtbauweise bei 3D-Druckteilen kann nahezu jedes Design mit geringer Berücksichtigung der Formbarkeit hergestellt werden. Dasselbe gilt für CNC-bearbeitete Teile, da das Auswerfen von Teilen nur beim Spritzguss eine Rolle spielt.

Soll ein Prototypenentwurf später im Spritzgussverfahren umgesetzt werden, ist es ratsam, die Formschräge beim Teiledesign von Anfang an zu berücksichtigen. Die Formschräge kann die Gestalt und Passgenauigkeit eines Teils bei der Montage sowie sein ästhetisches Gesamtbild verändern. Daher kann die Berücksichtigung von Formschräge, selbst wenn sie aus technischer Sicht nicht notwendig ist, dazu beitragen, unangenehme Überraschungen wie teure Überarbeitungen und zusätzliche Prototypenentwicklung zu vermeiden.

Stimmen Sie Ihre Entwürfe auf den zukünftigen und nicht den aktuellen Bedarf ab. Wenn das Teil dank der bereits integrierten Formschräge bereit ist, um vom 3D-Druck oder der Bearbeitung zum Spritzgussverfahren überzugehen wird der Designprozess beschleunigt und die Produktion kann früher beginnen. Vermeiden Sie doppelte Arbeit, indem Sie ein 3D-gedrucktes oder bearbeitetes Teil herstellen, das vor dem Spritzguss erneut überarbeitet werden muss.

 

2. REGELN EINHALTEN

Tatsache ist: Es gibt keinen einheitlichen Formschrägewinkel, der auf alle Teiledesigns angewendet werden kann. Zu berücksichtigen sind Faktoren wie Wandstärke, Werkstoffauswahl, Auswurf, Schrumpfraten, Oberflächenqualität/Textur, Wandtiefe und Möglichkeiten der Fertigung. Doch keine Angst, es gibt ein paar einfache Regeln, die weiterhelfen können.

Wenden Sie beim Design eines Teils eine größtmögliche Formschräge an. Als allgemeine Faustregel gilt 1 Grad Formschräge pro 25 mm Hohlraumtiefe. Dies kann jedoch entsprechend den oben genannten Faktoren variieren. Versuchen Sie, die folgenden allgemeinen Richtlinien einzuhalten:

  • 0,5 Grad wird an allen vertikalen Flächen dringend empfohlen.
  • 1 bis 2 Grad funktioniert in den meisten Situationen.
  • 3 Grad ist die Mindestanforderung für einen Formschluss (Metall auf Metall gleitend).
  • 3 Grad ist für eine leicht strukturierte Oberfläche erforderlich (PM-T1).
  • 5 Grad oder mehr ist für eine stark strukturierte Oberfläche erforderlich (PM-T2).
Tabelle für Mindestdicke
Der Winkel der Formschräge ist abhängig von der Hohlraumtiefe und der Merkmaldicke (Breite der zu bearbeitenden Rippe). Während zur Erklärung des Zusammenhangs zwischen Wandstärke, Tiefe und Formschräge konservative Zahlen herangezogen werden, kann die Berücksichtigung dieser Tabelle die Formbarkeit drastisch verbessern.

Was kann man tun, wenn die Formschräge die Leistungsfähigkeit des Teils möglicherweise negativ beeinflusst? Teile können mit 0,5 Grad Formschräge entworfen werden, oder sogar mit nur 0,25 Grad, was immer noch eine Verbesserung gegenüber keiner Formschräge darstellt. Wie bereits erwähnt, ist die Anwendung der kleinstmöglichen Formschräge vom Werkstoff, der Teilegeometrie und dem Hersteller abhängig und sollte mit dem Hersteller besprochen werden, bevor ein Teil mit sehr geringer Formschräge fertiggestellt wird.

 

Viele Spritzwerkzeuge für Kleinserien werden aus Aluminium hergestellt und greifen zum Fräsen aller Merkmale im Kern und den Hohlräumen der Form auf die CNC-Bearbeitung zurück. In einer Aluminiumform werden in der Regel weniger Teile und Einsätze hergestellt als in einer Produktionsform aus Stahl. Aufgrund des Durchmessers, der Länge und der Formschräge der Schaftfräsen, die zur Herstellung der Aluminiumformen verwendet werden, ist für die Herstellung von Teilen mit diesen Formen unter Umständen eine größere Formschräge und Wandstärke notwendig als bei Stahlformen. Die größere Formschräge und Dicke hat in der Regel keine Auswirkung auf die Teile und kann die Leistungsfähigkeit der späteren Produktionsform sogar verbessern.

Illustration von entworfenen, unverzierten Wänden
Eine Wand ohne Formschräge mit ausreichend Abstand zum Werkzeug (links), eine hohe Wand ohne Formschräge ohne ausreichend Abstand zum Werkzeug (Mitte) und eine Wand mit Formschräge, die einen ausreichenden Abstand zur Schaftfräse gewährleistet (rechts).
3. OBERFLÄCHENBEHANDLUNG BERÜCKSICHTIGEN

Wie beeinflusst die Formschräge die Oberflächenqualität eines Teils? Einfach gesagt: Wenn die Form zu wenig Formschräge aufweist, schleift das Teil beim Öffnen der Form und Auswerfen des Teils entlang der Formoberfläche, wodurch Kratzer an der Oberfläche des Teils entstehen. Da alle Thermoplasten beim Abkühlen in der Form schrumpfen, entsteht eine starke Oberflächenspannung, die verhindert, dass das Teil sich beim Auswerfen sauber lösen kann. Bei fehlender Formschräge kommt es durch diese Spannung zu kleinen Kratzern in der polierten Oberfläche. Bei strukturierten Oberflächen fällt dieser Effekt noch mehr ins Gewicht.

Die Strukturierung erfolgt auf viele unterschiedliche Arten, doch immer führen die sich an der Formoberfläche bildenden Narben zu minimalen Hinterschneidungen. Die Strukturierung an den Formwänden würde das Teil fixieren, wäre da nicht die Formschräge. Durch die Anwendung von einem Grad Formschräge kann das Teil sich über eine kurze Strecke bewegen, bevor es sich an den minimalen Hinterschneidungen durch die Schwindung lösen kann. Das Problem von Schleifspuren oder Kratzern am Teil wird dadurch minimiert. Bei Oberflächenveredelungen benötigt Protolabs mindestens drei Grad Formschräge bei leichtem Perlstrahlen (PM-T1) und fünf Grad Formschräge bei mittlerem Perlstrahlen (PM-T2).

Protolabs bietet bei Thermoplastformen sieben verschiedene Oberflächenveredelungen an, die von unbehandelten bis hin zu hochpolierten und strukturierten Oberflächen reichen.

Tiefrippige versus Kern-Kavität
Von Protolabs angebotene Oberflächenveredelungen.
4. KERN-HOHLRAUM-METHODE UMSETZEN

Das Hinzufügen von Formschräge zu einem Gehäuse kann bei falscher Durchführung zu Problemen führen. Wenn für die Innen- und Außenwände eine Formschräge eingeplant wird, müssen diese Wände parallel zueinander verlaufen, um tiefe Rippen in der Form zu vermeiden, die das Entlüften und Auswerfen sowie die Herstellung der Formoberfläche und die Fertigung erschweren. Sie sollten einen Formkern-Hohlraum-Designansatz in Erwägung ziehen, denn hierbei werden der Hohlraum und der Kern der Form zum Polieren geöffnet, die Fertigung beschleunigt und der Spritzgussprozess zusätzlich vereinfacht.

Darstellung Tiefrippenmethode
Die Tiefrippenmethode (links) zeigt ein Kastendesign mit Wänden als Rippen, was mit höheren Kosten für die Herausarbeitung und die Bearbeitung des Hohlraums verbunden ist. Bei der Kern-Hohlraum-Methode (rechts) können Merkmale mit einer größeren, schnelleren Fräse fertiggestellt werden, darüber hinaus kann der Kasten einfacher und schneller poliert werden. Für Kunden bedeutet dies eine Zeit- und Kostenersparnis.
5. (KOSTENLOSE) MACHBARKEITS-ANALYSE (DFM) NUTZEN

Eines der wertvollsten Hilfsmittel von Protolabs ist die kostenlose Machbarkeits-Analyse (DFM), die an jedem 3D-CAD-Modell, das auf unserer Website hochgeladen wird, durchgeführt wird. Innerhalb weniger Stunden erhalten Sie ein Angebot, in dem die Abschnitte des Modells, die noch eine Formschräge benötigen, detailliert hervorgehoben sind. Außerdem werden Änderungen zur Verbesserung der Formschräge in diesem Bereichen vorgeschlagen. Die Analyse ist eine gute Qualitätskontrolle, die Ihnen hilft, Formbarkeitsprobleme in Zukunft zu vermeiden.

Darstellung Formschräge
Die Doppelpfeile zeigen die Richtung und die Oberflächen an, die Formschräge benötigen. Der Grad der Formschräge wird auf der linken Seite des Bildes erklärt. Die roten Linien und die blauen und grünen Hervorhebungen zeigen die Trennebene der Form und die Formseiten an.

Laden Sie ein 3D-CAD-Modell auf protolabs.de hoch, um eine vollständige Analyse zu erhalten. Bei Fragen zur Formschräge und bei technischen Problemen, wenden Sie sich bitte an einen unserer fachkundigen Kundendiensttechniker unter [email protected] oder +49 (0) 89 905002-22.